Dienstag, Juli 25, 2006

Edwards oder Adel verpflichte, Geschichte auch

Ich habe grad das Interview mit David Eugene Edwards aufgearbeitet. Er ist ja bekanntlich fundamentalistischer Christ von der Hardcore-Sorte. Glaubt wortwörtlich an die Bibel. Völlig ekelig und gaga. Kam mir absolut absurd vor, solche Worte aus dem Mund von so einem coolen, sanften, charmanten und nachdenklichen Indie-Typen wie ihm zu hören. Wenn er dann ruhig, aber fest sagt: "Für mich ist das keine Sache von: 'Das ist deine Meinung und das ist meine Meinung'. Ich glaube an die absolute Wahrheit, ob man daran glaubt oder nicht." Krass. Natürlich war man durch die Texte vorgewarnt, aber die großartige Musik macht einiges leicher.

The absolute truth
Dann erzählt er wieder, dass er sich sehr mit Indianerkultur beschäftigt. Geht immer zu den Pow-Wows der Ute und Cheyenne bei ihm um die Ecke in Denver, Colorado, wenn er mal zu Hause ist, und läßt sich inspirieren. Findet die Leute nett. Dann sagt er auf Nachfrage, wo seine Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits herkommen: Irland und Schottland. They were missionaries to the American Indians. So. Leider nicht mehr die Zeit gehabt zu fragen, ob er da kleinen Widerspruch sieht, wo er doch tief in ihren Fußstapfen steht. Die Antwort muß ich dann noch mal kriegen.

Dann noch eben entdeckt, wie verdammt tief die Fußstapfen wahrscheinlich sind. Er erzählte, dass er auch großes Interesse an Geschichte hat, US-amerikanischer und allgemein, und viel theologische Literatur liest, vor allem alte. Unter anderem puritanische Autoren wie George Whitefield. Im Zusammenhang mit jenem Whitefield stolperte ich über einen anderen Zeitgenossen, Jonathan Edwards.

Wie aus dem Gesicht geschnitten: Jonathan Edwards

Ich las den Artikel und glich ihn im Kopf mit dem ab, was David "Eugen" Edwards von sich gegeben hat. Nehme an, dass dieser für die US-amerikanische Kultur nicht ganz unwichtige Jonathan mit ziemlicher Sicherheit ein Vorfahr von ihm war. Dann hat der Bursche echt sein Päckchen zu tragen. Aber er trägt es mit Gott.

P.S. Da es da wohl Mißverständnisse gab: Abgesehen davon, dass ich ihn als Künstler sehr schätze, habe ich David Eugen Edwards als angenhmen und höflichen Menschen erlebt, mit dem ich mich durchaus auch gern nochmal länger und privat über bestimmte Sachen unterhalten würde. Grad deshalb kann ich es ja nicht so richtig fassen, was ich oben beschrieb.

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8 Comments:

Anonymous Anonym said...

Nee bekannt war mir das nicht, dass der manische manischer Bibelhansel ist. Hab Woven Hand letztes Jahr in der Glocke gesehen, aber anscheinend nicht auf die Texte geachtet. Die Musik war aber gut.

10:15 AM  
Blogger The Haarbüschel said...

Aaaalso, das man in diesem Land als Christ nicht unbedingt Respekt erwarten darf, bin ich als "Bibelhansel" ja gewöhnt. Cool, sanft, charmant und nachdenklich geht in Verbindung mit Jesus anscheinend nicht. Sei's drum. Trotzdem bitte ich, zu differenzieren:

Das mit dem Fundamentalismus ist ja nicht ganz einfach, da kommen immer gleich die Televangelists und Abtreibungsärztemörder aus dem Bibelbelt angekrochen, und ich wage mal zu behaupten, das unser Eugene zwischen denen und sich doch eine Gewisse Distanz sieht.

Fundamental hingegen ist die Ansicht, die Bibel für wahr zu halten, und in ihr eine absolute Wahrheit zu sehen, denn ansonsten macht der Glaube an Jesus keinen Sinn. Das sieht übrigens auch jeder Muslim so. Und das ist in der Tat keine Frage von Meinung.

Die Frage ist eher: Wie verhalte ich mich mit dieser Wahrheit? Ich für meinen Teil habe kein Problem damit, zumindest zu versuchen, das Leben aus der Sicht eines Atheisten oder Moslems zu sehen ohne Ihnen direkt das Neue Testament ins Gesicht drücken zu müssen. Aber wenn man mich fagt, halte ich mit meiner Meinung auch nicht hinterm Berg, und diese Einstellung meine ich auch bei DEE sehen zu können. Man weiss immerhin, woran man ist.

Übrigens: Das wörtliche Für-Wahr-Halten der Bibel ist auch in "fundamentalistischen" Christenkreisen ein eher umstrittenes Thema. M.E. bietet der Glaube genügend Flexibilität, auch die Evolution anerkennen zu können, aber das ist natüröich jedem selbst überlassen.

Schöne Grüsse,

Bibelbüschel

1:10 PM  
Blogger CoolBee said...

Hmm, schwierig grundsätzliche Dinge an so einer Stelle zu klären, wäre ein längeres Gespräch Wert. Ich sehe jede Form von Religion (und im weiteren Sinne Philosophie) nur als ein Hilfsmittel, sich eine nicht verstehbare Welt zu erklären, sich selber zu entwickeln oder Halt in der Welt zu finden. Und abgesehen davon dass das anmaßend wäre, würde ich das auch so niemandem absprechen wollen. Wenn er dadurch ein "besserer" Mensch wird, sich gütig und respektvoll anderen gegenüber verhält und mit sich selbst mehr oder weniger im Frieden ist - schön. Es gibt aber verschiedenen Formen von Religion und Religiosität (und ich meine nicht Christen, Moslems whatever, sondern die Art, mit seiner Religion umzugehen und wie eng man sie selbst sieht). Zwei Probleme habe ich mit Christen wie Edwards (der so erstmal durchaus sympathisch war): es mir völlig unverständlich ist, wie man als intelligenter, sensibler Mensch des 21. Jahrhunderts eine Religion pflegen kann, die mittelalterlichen, voraufklärerischen Lebensumständen und Welterkenntnissen enspringt und Ausprägungen aus der Zeit der europäischen Eroberung des nordamerikanischen Kontinents hat (da klebt für mich abgesehn davon auch das Blut eines Genozids dran). Zweitens fehlt mir die Toleranz. Da sehe ich halt keinen Unterschied zwischen fundamentalistischen Moslems und Christen, und gerade diese US-amerikanische Ausprägung des christlichen Fundamentalismus bringt sowas wie Bush hervor. Bei Leuten die Kriege anzetteln hört *meine* Toleranz auf. Kann man bei passender Gelegenheit mal länger diskutieren.

3:41 PM  
Blogger The Haarbüschel said...

Ich glaube, Du vermischst da 2 Dinge, die ich, zumindest was mich angeht, getrennt haben möchte: Die Religion stützt sich auf die Bibel, der man vielleicht "voraufklärerische Lebensumstände" vorwerfen kann. Die historischen Vorwürfe sind auf Kirchen bezogen, die mit der Religion erstmal nichts zu tun haben.

Und wo vermisst Du bei DEE Edwards die Toleranz? Im o.g. Sinne würde ich mich auch als fundamentalistischer Christ bezeichnen, aber das sagt erstmal was über die Person aus, aber nicht über deren Umgang mit anderen. Und was hat jetzt Edwards mit Bush zu tun? Wie steht's so schön in der Bibel? "An ihren Taten werdet ihr sie erkennen". Meines Wissens hat DEE noch keine Kriege angezettel. :)

5:39 PM  
Blogger CoolBee said...

Ja sicher muss man die Institution Kirche von individuellem Glauben trennen. Aber völlig geht das nicht. Und gerade der Indianer-Genozid wurde von kleinen autonomen Gemeinden und Individuen begangen, die die Massenmorde mit ihrem prämillenianistischen Glauben an die Apokalypse begründet haben und die Indianer, nachdem sie sich nicht so richtig bekehren ließen und somit nicht zu den „Ten Lost Tribes of Israel“ taugten, als Kreaturen des Satans hinstellten. Hatte sicher weitere gesellschaftliche Hintergründe, wie die ganze Kolonialisierungssache, die Entwicklung des Kapitalismus, die, wenn du dich an Max Weber erinnerst, ja eng mit dem Protestantismus verbunden ist.

Und ich habe nachgefragt. Er galubt wirklich wort-wörtlich an die Bibel, da ist wenig Platz für Evolution und andere modernere "Welterkenntnisse" (die sicher in 200 Jahren auch wieder belächelt werden - unser Erbsengehirm ist halt zu klein). Und leider hängen da auch noch ‘ne Menge andere häßliche Dinge dran, die ich ihm erstmal nicht unterstellen will, ohne ihn nochmal gefragt zu haben. Wie gesagt, ich habe ihn als sympatischen, liebenswürdigen Menschen erlebt, der sehr geduldig mit mir war – sicher auch ein Aspekt seiner Gläubigkeit. Abtun kann man es aber nicht, dass christlicher Fundamentalismus auch auf individueller Ebene in starker Tendenz anti-gay, anti-feministisch und anti-intellektuell ist. Letzteres ist er offenbar nicht, da er ja selber viel liest. Zu Homosexualität wollte ich ihn fragen, anhand des Textes von „Truly Golden“, hat sich aber dann nicht ergeben. Seine Frau scheint er auch sehr zu verehren auf ein Podest zu stellen, obwohl letzteres auch wieder nach hinten los gehen kann...Ja, grundsätzlich: Auch wenn die Aufklärung sicher auch nicht der Weisheit letzter Schluß ist, hat sie doch zumindest in der Theorie Werte von Toleranz und individueller Souveränität hervorgebracht, die ich durchaus schätze, sage ich jetz mal als Frau zum Beispiel, als jemand, der schwule und lesbische Freunde hat etc....

Auch wenn es dir blashphemisch scheint: Ich glaube ja nicht an einen göttlichen Ursprung der Bibel – sie ist für mich ein historisches und philosophische Werk, nicht anders als der Koran o.ä. Sie als das einzig Wahre hinzustellen ist für mich nichts anderes als die quasi-göttliche Verehrung der Dreifaltigkeit Marx, Engels und Lenin in der DDR, die auch an den unmöglichsten Stellen zitiert wurden und als die einzigen Philosophen, die zu allem was zu sagen haben, also auch das alltägliche Leben durchdringen, weil ihre Wahrheit die einzige ist.

Und DEE hat insofern mit Bush zu tun, dass er zur gesellschaftlichen Formation zählt, die ihn trägt. Ob er ihn gewählt hat, weiß ich nicht. Und im Gegensatz zu Bush und den Fernsehpriester halte ich ihn nicht für ein verlogenes Arschloch, sondern, soweit man das beurteilen kann, für einen Menschen, der in seinem Glauben ehrlich ist. Sonst würde ich mich damit gar nicht beschäftigen...

11:55 AM  
Blogger The Haarbüschel said...

Du hast natürlich recht, dass Mitglieder fundamentalistischer Strömungen viel kranke scheisse produzieren, und vielleicht haben sich auch viele Freikirchen an der Indianer-Hexenjagd beteiligt,keine Ahnung. Aber das alles hat trotzdem erstmal nichts mit DEE zu tun.

Ich habe dein Eindruck, das Du ihm immer irgendwas unterstellen willst, sagst aber selber, das Du nicht kannst, weil Du es nicht weisst. Vielleicht ist er ja ein Mensch, der tatsächlich "okay" ist, auch wenn er an etwas glaubt, das Du mit viel Negativem verbindest. Sollte er sich tatsächlich mal z.B. Homophob äussern, kann man da da immer noch draufdreschen, aber diese "Generalverdächtigungen" halte ich (auch, da sie mir selber manchmal von meinen "aufgeklärten und toleranten" Bekannten begegnen) für etwas unfair.

Im Übrigen vertragen sich Aufklärung und Christentum auf's Beste.

4:50 PM  
Blogger CoolBee said...

Hmm, Pauschalurteile...Edwards ist der erste fundamentalistische Christ, dem ich begegnet bin, der mir nicht auf den ersten Blick verlogen, gaga oder beides erschien. Deshalb würde ich mit dem ja auch reden. Aber die Ideologie dahinter kann man eben nicht einfach wegtun, und auch nicht die Absurdität, ein altes Buch für bare Münze zu nehmen.

7:06 PM  
Anonymous Anonym said...

Ich hatte dieses Jahr die Gelegenheit, Edwards zu interviewen. Natürlich haben mich solche "Widersprüche" und sein vermeintlicher (?) Fundamentalismus sehr interessiert. Falls es jemand hören möchte: http://www.wovenhand.info (downloads) Das Interview wechselt sich ab mit Woven Hand- livesongs

9:47 PM  

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