Donnerstag, August 30, 2007

Representation of Slavery



Jetzt habe ich mein letztes Hemd hergegeben und sogar andere um Zipfelchen des ihren fragen müssen, und war da. Da habe ich mich hauptsächlich mit dem International Slavery Museum beschäftigt. Mehr dazu hier. Eine kürzere, aber immern noch schön lange Version - sogar als Aufmacher der Kulturseite - ist in er taz heute erschienen.

Im Zuge der Recherche nach dem, wie diese undarstellbare Grausamkeit und Menschenverachtung der Sklaverei repräsentiert wird, bin ich auf einen höchst zweifelhaften Film gestoßen, von Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi, die auch für die "Mondo Cane"-Filme zuständig sind. Mit diesen haben sie in den 60er Jahren ein neues Untergenre des "Dokumentarfilms" entwickelt, den so genannten "Mondo": Da erst recht draufhalten, wo andere aus Pietätsgründen wegschauen. In ihrem Film "Africa Addio" (1966) haben sie dann die Auflösungs- und Neu-Zusammenfindungs-Erscheinungen im Afrika "dokumentiert", das gerade dabei war, sich vom kolonialen Joch zu befreien. Damit habe sie sich nicht ganz zu Unrecht den Ruf des Rassismus eingehandelt. Zumindest haben sie eine extrem zynische Sichtweise auf krasse Dinge, die man als Rassismus interpretieren kann. Die Darstellung und die Kommentare haben definitiv einen Tenor von "Jetzt ziehen die zivilisierten Kolonialisten ab und die Schwarzen machen nur alles kaputt, weil sie nicht in der Lage sind, mit dem Ererbten umzugehen." Dadurch, dass das angeblich alles Dokumentarszenen sind wird das noch als "authentisch" untermauert.

Um diesen Vorwurf zu entkräftigen (angeblich), haben Jacopetti und Prosperi, in pseudodokumentarischem Mondo-Stil den mit Abstand krassesten Film über den transatlantischen Sklavenhandel und Sklaverei in Amerika gedreht, den ich je gesehen habe: "Goodbye Uncle Tom". Leider auch den Film, der wahrscheinlich der Wirklichkeit am nächsten kommt. Angeblich beruht alles auch auf historischen Quellen. Das auf die Art umzusetzen geht allerdings nur mit einem völlig abgefuckten Zynismus - auch wenn sie sich über alle lustig machen. Die Weißen sind die letzten Vollidioten und menschliche Monster, aber auch Schwarze werden zum Teil als Idioten, Arschlöcher und Kollaborateure gezeigt - entspricht ja auch der Wahrheit. Wenn man wohlwollend interpretieren kann man hinlesen, dass sie schon Mitleid mit den Opfern der dargestellten Brutalität haben - aber das kann auch die eigene Empfindung sein. Andererseits sind die grausamsten Mißhandlungen so unerträglich direkt dargestellt, dass sie auch wieder als erneute Verhöhnung der Opfer sehen kann. Und auch als Voyeurismus und - zum Teil gezielt inszenierte - Lust an der Gewalt.


Vorsicht! Wirklich extrem brutal! Und das ist nur der Trailer..

Die Schauspieler waren Haitianer, die sich wohl den Arsch abgefreut haben, dass sie in einem Film mitspielen durften. Dass man die benutzt hat, ist wohl keine politisch überkorrekte Fehlinterpretation. Zudem mußten die Regisseure dann auch wohl einmal die Woche mit "Papa Doc" Duvallier essen - das war 1970, 71 - und gute Miene zum bösen Spiel machen, als Dankeschön für die Drehgenehmigung.

Von dem Film gibt es jetzt einen Director's Cut, der wohl etwas respektvoller geschnitten wurde und leichter als Anklage und nicht als Verhöhnung zu erfassen ist - wahrscheinlich trotzdem nichts für schwache Nerven.

So vergleichsweise gemütlich wie im Film "Roots" ging es auf den Sklavenschiffen ganz bestimmt nicht zu und der Film kommt in der Brutalität dem nicht im geringesten nahe, was sich wirklich abgespielt hat. Aber er sieht die Sklaverei eben auch nicht als eine einzige Gewalt-Orgie, sondern zeigt auch, dass sich die Menschen versucht haben, unter den unmenschlichen Bedingungen trotzdem noch ein Leben einzurichten, mit Momenten von Freude, Zuneigung und Liebe - und auch Widerstand. Das ist auch ein Teil der Wahrheit, wenn manchmal vielleicht auch romantisch verklärt. Aber so wird den Menschen die Würde wiedergegeben. Das ist auch der Ansatz der Liverpooler Ausstellung. Menschlich bei der Darstellung des Unmenschlichen.

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