Mittwoch, September 13, 2006

Evas Nest

Eigentlich wollte ich ja nichts über Evachens Elaborate schreiben, die seit ihrem Artikel im Backlash-Magazin "Cicero", das mir schon öfter schmerzhaft unangenehm aufgefallen war, überall Werbung für den Stuß machen mußte, den sie aktuell wieder von sich gibt. Und bereitwillig aufgenommen wurde. Jeder spricht davon - der "Aufreger des Jahres", wie Bild schreibt. Aber das Ganze ist leider mehr als Voyerismus wie bei Dieter Bohlen, den solche exponierte Dummheit in einem auslöst, weil es eine verdammt ernste gesellschaftspolitische Dimension hat. Glücklicherweise waren die Reaktionen meistens auf der Höhe der Zeit, selbst im konservativen Lager: Die Mehrheit war doch der Meinung, die Frau hätte "nicht alle Latten am Zaun", zumindest was ich so mitgekriegt habe (natürlich ausser der Bild-Zeitung, aber das soll Recht sein). Und eine lange überfällige neue Feminismus-Debatte wurde losgetreten, mal sehen wie lange das anhält. Gar nicht davon zu reden übrigens, dass das Buch auch voller Sachfehler ist, die jedeR Soziologe zum Frühstück widerlegen könnte.

Aber nun gibt es doch eine Forsa-Umfrage, nachdem es doch immerhin ein Viertel der Deutschen nicht für überholt halten, was die "Journalistin" da von sich gibt. Eine Emnid-Umfrage war noch erschreckender: Etwa die Hälfte der Deutschen fand angeblich, dass es die Hauptaufgabe der Frau an sich wäre, Heim und Herd zu hüten.

Da fällt mir ein befreundetes Pärchen ein. Beide mit geisteswissenschaftlichem Uni-Abschluß, Mitte 30, PDS-Wähler, politisch, selbstverständlich "gleichberechtigt" in der Beziehung. Er hat einen relativ guten Job, in dem er sich aufreibt. Sie war zwei Jahre lang nach ihrem Uni-Abschluß arbeitslos, hat jetzt aber auch einen anstrengenden, aber inhaltlich recht anspruchsvollen gut bezahlten Job bekommen. Während sie arbeitslos war, hat sie geputzt und gekocht, damit es das Männchen schön zu Haus hat. Dafür hat er ihr teure Geschenke gemacht. Nur putzt und kocht sie jetzt weiter, auch wenn sie inzwischen genauso viel arbeitet. Beschwert sich zwar, nimmt es hin - damit müssen Frauen eben leben. Der Typ meinte auf meine doch erstaunte Reaktion allen Ernstes nicht so richtig im Scherz: "Das hat sich doch seit tausend Jahren bewehrt." Fühlt sich jemand ertappt?

Ja, ich hätte auch gern einen Sekretär, der für mich aufräumt, einkauft, organisiert, Wege geht - was ich dann leisten könnte! Und wenn mir so wär, wäre er vielleicht noch für andere Dinge zur Hand? Super. Macht nur leider keiner und würde mir auch ziemlich bizarr vorkommen - ehrlich gesagt wäre mir das, hätte ich es, in Echt ziemlich unangenehm. Das sowas "normal" sei, so bin ich halt nicht erzogen. Und ist es in unserer Gesellschaft allgemein nicht.

Interessant fand ich, dass laut Forsa 92% der sonst vom gemeinen Besser-Wessi eher als nicht so helle betrachteten Ostdeutschen laut Forsa Evas Geschreibsel als geistigen Dünnschiss erkannten. Also haben sich 40 Jahre Sozialismus in manchen Sachen auch positiv im Bewußtsein breit gemacht. Kriegen wir das echt nicht anders hin?

Und schön fand ich auch das: Zum Weiterlesen, von der omnipräsenten Lyssa. Und: Auch wenn ich kein uneingeschräkter Schwarzer-Fan bin, aber das Evachen als Anti-Alice zu bezeichnen, ist glaube ich eine der übelsten Beleidigungen, die Schwarzer und der Feminismus in den letzten Jahren hinnehmen mußten. Ernsthaft.

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2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Wer putzt, richtet sich meiner Meinung nach hauptsächlich nach dessen Dreckleidensfähigkeit.
Ansonsten, ein schönes Beispiel mit den beiden Mittdreißigern. Da fühle ich mich auch ertappt, auch wenn Claudia noch nicht wieder arbeitet.

10:20 AM  
Blogger CoolBee said...

Ja, das mit der Dreckempfindlichkeit bringe ich in solchen Fällen auch manchmal als Argument (zumeist zugunsten der Herren - aber ich bin selbst weder erlesen ordentlich und putze auch nur, wenn es ekelig wird). Aber das ist glaube ich auch ein strukturelles Problem - viele schiebe eine gringere Empfindlichkeit vor und gehen dann davon aus, dass es die Freundin/Frau dann doch macht. Ich finds auch schön, wenn für mich jemand aufräumt und kocht! Bloss für mich ist es dann eine Frage von Respekt und Achtung meinem Partner/meiner Partnerin gegenüber, dass man dann der vermeindlich höheren Dreckempfindlichkeit der/des anderen entgegenkommt, wenn man zusammen lebt. Davon sehe ich in einigen "gleichberechtigten" Beziehungen in meinem Umfeld nichts.

6:02 PM  

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