Samstag, Januar 13, 2007

Dance, baby, shake your hips!

Also YouTube ist eine prächtige Einrichtung. Ich lese gerade ein Buch zu Genderidentität und Performance im Glam Rock (Philip Auslander: Performing Glam Rock: Gender and Theatricality in Popular Music). Und voilà - das Anschauungsmaterial finde ich im Netz.

In dem Buch geht es am Anfang um die Performance-Stile von Rockbands Ende der 60er, also kurz vor Glam-Rock, der ab 1970 entstand. Da brachte er ein Beispiel von zwei damals schon Retro-Aufführungen von Rock'n'Roll (bzw. Doo Wop): Einmal die damals untypischen Sha Na Na, die auch in Woodstock (!!!) auftraten. Man sollte sich dabei vergegenwärtigen, dass das die große Zeit des psychedelischen Rocks war. Man war introvertiert, in sich versunken, konzentrierte sich auf die Musik und sein Instrument, ignorierte das Publikum, bewegte sich nicht mehr als nötig, war möglichst "authentisch" und versuchte sich ja nicht zu sehr vom Publikum zu unterscheiden, auch nicht in der Kleidung. Disco in seiner Protoform entwickelte sich erst Anfang der 70er, und war bis 1975 noch fest in der Hand subkultureller schwuler ethnischer Minderheiten bzw. der afroamerikanischen Community. Und da treten dann solche Burschen vor dem Set von Jimmy Hendrix auf:



Oder auch (bis auf den untergelegten Lach-Track) großartig:



Und dann gab es im selben Jahr mit ähnlicher Musik das "Sweet Toronto"-Festival mit Sportsfreunden Lennon, Clapton und Co. (Yoko Ono war auch dabei, achtet auf den Leinenbeutel auf der Bühne). Lennon zuckt mal kurz mit den Hüften, aber Clapton bewegt seinen Arsch echt keinen Millimeter - und das bei Tanzmusik. Lennons Anzug war zwar schon etwas schicker, aber ganz bestimmt keine Entertainer-Kleidung, und Clapton hat sogar einen Flicken am Popo, obwohl er sich damals sicher schon eine neue Hose hätte leisten können. Musiklalisch zwar ein Rekurs auf die 50er Jahre - aber im Äußeren und in der Bühnenshow lupenreiner Psychedelic-Rock-Habitus.



Man vergeleiche diese Performance mit der von Boo Didley, Jerry Lee Lewis, Chuck Berry etc., die auf dem gleichen Event als Gast auftrat!



Drei, vier Jahre sieht das schon besser aus bei den britischen Jungs, zum Beispiel hier bei Roxy Music:



Und hier nochmal deutlicher Eno als Dragqueen:



Und bei Ziggy Stardust war man dann ganz außer Rand und Band (Embedding disabled by request). Holla, man möchte fast sagen, die Drogen die die genommen haben möchte man auch nehmen, oder vielleicht doch lieber nicht...Wie kommentierte einer bei YouTube, was die Protagonisten wohl gedacht haben müssen, wenn sowas im Fernsehen lief (was es tat, nur mit kleinen textlichen Abänderungen wie "swanking" statt "wanking" o.ä.) "I hope my mum's not watching"...Mal auf den Text lauschen und sich vorstellen, sowas würde heute im "normalen" Fernsehprogramm laufen:

Labels: , ,