Montag, Januar 08, 2007

David, can you imagine yourself at 60?

Diese Frage stellte der US-amerikanische Talkmaster Dick Cavett David Bowie vor 32 Jahren. Da hat er noch gelacht und "Oh no" gesagt. So schnell kann's kommen.






Hätte ich darüber nachgedacht, wie viel Arbeit da drin steckt hätte ich die Finger davon gelassen. Aber ich hatte mich in einem kleinen Atavismus meiner David-Bowie-Fanzeit vor über 20 Jahren erinnert und mir vorgenommen, ein Feature zu seinem 60. Geburtstag heute zu machen. Mit dem Burschen selbst habe ich natürlich kein Interview bekommen, und auch die Plattenfirmen und sein Management konnten mir keine vernünftigen O-Töne schicken. So habe ich stundenlang bei You Tube zugebracht und mir da ein paar Interviewschnipsel zusammengesucht.

Da ich auch dem aus der „uhhh Daaaiiiviiid“-und-„he’s soooouuu sexy“-Alter raus bin (schaut mal bei You Tube, meine Güte), wollte ich das ganze natürlich auch musikhistorisch und allgemein kulturell einbinden. Jetzt habe ich in den 51 Minuten insgesamt 50 Songs verbraten.

Die Beta-Version (um es ganz professionell klingen zu lassen hätte ich da nochmal mindestens einen Tag drüber gehen müssen) läuft am 11. bei Radio Flora. Playlist hier und Vorankündigung hier. Hört mal rein!

Für die Recherche habe ich dann noch mal spontan Christiane F. gesehen. Den hatte ich vor hundert Jahren mal im Fernsehen gesehen - die schlimmste Szene war damals für mich, dass sie ihre Bowie-Platten für 15 Mark verkauft. Ich habe im Osten gelebt und kam an keine Schallplatten ran...

Diesmal war ich in einem netten kleinen Kino. Angeblich lief die letzte erhaltene 35-Millimeter-Version - so ganz offiziell war die auch nicht, deshalb hier keine namentliche Erwähnung des Ortes, für den ich sonst herzlichst gern geworben hätte. Jedenfalls sah die ganz schön abgerockt aus, mit Schnee und mit Filzstift ausgebesserten Kratzern. Das passte zum Frühachziger-Charme des Films. Ja, damals, als wir noch jung und schön waren. Ich fand den Film noch immer charmant, aber so etwa wie Jack Kerouac mit über 30 nochmal lesen. Can you imagine yourself at 60?



Nach der Vorführung gab es dann noch die nostalgischen Geschichten zum Film. Ein Mann, der schon leicht angegraut war, erinnerte sich an seine Besuche im Sound - der Disko im Film - an die niedrigen Decken und die verwirrnden Gänge. Die Bardame gestand, dass sie Ende der 70er mit 15 immer nach Berlin ausgerissen ist und zwar ein nicht ganz so krasses, aber auch Drogen und Jugendkultur geprägtes Leben mitgemacht hat. Sie war auch bei dem im Film gezeigten Bowie-Konzert - was von 1980/81 sein müsste - und ist danach mit ihrer Freundin zu seiner damaligen Wohnung in Schöneberg gefahren und hat durch den Briefschlitz geschaut. Dummerweise hat er nicht zurückgeschaut - aber den Versuch war's Wert, mit 15.

Ich glaube allerdings auch, er hat damals auch schon lange nicht mehr da gewohnt. Schon sein letztes angebliches Berlin-Album "Lodger" von 79 hat er in der Schweiz aufgenommen - da war wohl auch ganz schön viel Pose dabei. Aber "Authentizität" hat er ja auch nie vorgeheuchelt. Trotzdem saucoole Musik. Von 1971 bis 1980. Sollte man nicht unbedingt als allgemeingültiges Rezept sehen und so gesund war's auf die Dauer sicher auch nicht (siehe oben), aber bei manchen Leuten helfen Drogen doch der Kreativität auf die Sprünge...

P.S. Mein Lieblingssatz aus dem Feature "David Bowie ist inzwischen die Emmylou Harris des Rock geworden." (in Bezug auf Hintergrundgesang bei neuen Bands).

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