Sonntag, Oktober 05, 2008

Lobhymnen auf Robert Forster

Gestern Besuch bekommen und in einer Spontanaktion zum Konzert von Robert Forster gegangen. Hatte ich nicht eingeplant, da ich mir beim derzeitigen Überangebot sagte, ist zwar ein Toller, aber du hast die Go-Betweens ja noch gesehen und besser kann es nicht werden. Ich bin noch so verpeilt von dem ganzen vielen Neuen, dass ich nicht nach der Zeit geguckt hatte. Wir kamen eine geschlagene Stunde zu spät. Aber da der gute Mann letztendlich 2 1/2 Stunden auf der Bühne stand, war es nicht ganz so tragisch.

Wir kamen in die Passionskirche und bekamen beide sofort Ringelaugen und ich habe mich zum ersten mal in einer Kirche von einer überirdischen Präsenz erfaßt und fast physisch berührt gefühlt: Da stand er, der "Evangelist" - ein großer (abgesehen von der leichten Plauze) dünner Mann mit angegrautem Haar im schwarzen Anzug vor dem Altar. Wie ein Mensch soviel Ausstrahlung haben kann. Vielleicht sollte es so sein, dass ich zu allem noch meine Kamera vergessen hatte (passiert sonst nie und es wären geniale Bilder geworden...).

Und alle im bis auf den letzten Platz gefüllten Raum schienen so zu fühlen. So eine Stimmung, die greifbar in der Luft liegt, habe ich bisher ganz selten erlebt, obwohl ich allgemein und besonders in letzter Zeit viele gute Konzerte gesehen habe. Das Publikum war so das, was typischerweise bei Alternative-Country-Sachen aufläuft - mit Ende 30 waren wir noch locker unter dem Altersduchschnitt. Der weiße Mittelklasse-Mann mit leichtem Loser-Touch war in der Überzahl. Vor mir stand ein völlig spießiges, etwas jüngeres Pärchen, das ein wenig auf szenig machete (Grafiker?). Daneben eine Horde punkiger Jungs, die eigentlich eher heterosexuell wirkte, aber sich zum Teil fast knutschend in den Armen lagen vor Gerührtheit.

Ein paar Typen, die völlig hüftsteif waren und normalerweise aufgrund ihrer Verklemmtheit und auch zum Guten des ästhetischen Empfindens Außenstehender wahrscheinlich nie tanzen, konnten nicht mehr an sich halten. Ihr Bewegungsdrang war mit Arme rhythmisch in Richtung Forster werfen (stört niemanden), und später einem mehr oder weniger rhythmischen Mitklatschen (ekelhaft nervig) nicht ausgelastet, so dass sie - ja in der Tat tanzten. Ich hätte gern Batikhemdchen verteilt und ihnen die Schuhe ausgezogen. Forster nahm es mit Gelassenheit. Und es hatte auch durchaus Unterhaltungswert.

Das neue Album habe ich nicht, und da ich viele der Stücke nicht kannte scheint er auch zum Ende hin viel davon gespielt zu haben, und auch von seinen alten Soloplatten. Die einzigen Songs, die ich kannte und mir in Erinnerung geblieben sind, waren "Here Comes A City" und "Caroline and I". Und natürlich fielen die Texte auf, die er offensichtlich Grant McLennan gewidmet hatte. Sowieso war da die ganze Zeit ein Geist im Haus, der neben Forster auf der Bühne stand und gleichzeitig den Raum erfüllte, einen berührte.

Nach dem Konzert gab ein völlig fertiger und leicht verwirrter Forster noch gedultig Autogramme und ließ sich vom Damen mit Knipskameras minutenlang anblitzen. Zu jedem letzten Spacken, der sich seine Konzertkarte signieren ließ und ihn mit der 100 000. langweiligen Geschichte nervte, wo er ihn denn schon live gesehen hätte, war er noch mit Engelsgeduld freundlich. Mein Kumpel ging dann ziemlich zum Schluss hin, um sich "Oceans Apart" signieren zu lassen. Da bekam Forster nur noch ein völlig ermattetes "Robert." hin. Lächelte dabei aber seelig und lieb und völlig überfordert von all der Zuneigung, die ihm entgegen gebracht wurde. Ganz großes Kino der Mann!

P.S. Gern gesehen hätte ich noch die (getrennt hier im Angebot, gern aber auch zusammen wie auf dem Video), war aber zu viel:


Lykke Li & Bon Iver doing 'Dance Dance Dance' in L.A from Lykke Li on Vimeo.

(Kurz) gesehen habe ich die, weil ich das neue Album so super finde und die Band soweiso schon länger:



War aber Scheiße, weil zumindest da wo wir standen keine Bässe ankamen und die Stimme, die ja in der Tat schwierig ist und nur gut abgemmischt passt, viel zu weit vorn war. Und ich hatte keine Lust, mich in der Großen Freiheit da mitten in die Massen zu drängeln. Da habe ich mich lieber ausgesprochen nett unterhalten ;).

Hier ein "Interview" (also er redet und jemand off Kamera macht mal den eine oder anderen Einwurf) mit Tunde Adebimpe von TV on the Radio:

Labels: , , , , ,