Freitag, Juni 23, 2006

"Riot in My Heart"

Erst fand ich die Idee ganz nett, aber nicht wirklich weltbewegend: Ein Engländer nimmt Soul der alten Schule unter ähnlichen technischen Bedingungen wie in den 1960er Jahren auf. So what. Aber was dann dabei rausgekommen ist, ist doch sowas von wunderschön und einnehmend und braucht den Vergleich nicht zu scheuen. Das PR-Geschwaller, dass James Hunter, der als Straßenmusiker entdeckt wurde, zu den besten britischen Soulsängern ever zähle, ist mal nicht übertrieben. Stimmlich kann er locker mit den Großen des Genres mithalten, und auch die Musik klingt keineswegs wie einfach nachgeäfft, sondern ist mit Seele gespielt. Alle Lieder hat übrigens Hunter geschrieben, mit stilechter 60er-Jahre Soul-Liebeslyrik - allerdings heute ohne die damals häufig verbrämten politischen Inhalte. "There's a riot going on in my heart" heißt nicht mehr oder weniger als das.

Auch das Studio, in dem das Album aufgenommen wurde spricht für sich: In Liam Watsons Toe Rag Studios in London haben nicht nur die White Stripes ihren Elefanten aufgenommen. Es ist auch das Stammstudio von Holly Golightly und den Flaming Stars - Künstlern, die für qualitativ hohen Vintage-Sound stehen, der nicht hausbacken daherkommt oder nach Imitat klingt, sondern eine zeitlose Eigenständigkeit hat. Wie sagte Max Décharne von den Flaming Stars mal in etwa: "Es gibt fast hundert Jahre aufgenommene Musik. Es ist doch irrsinnig zu glauben, dass grade die aktuellste die beste ist."

Von Van Morrison protegiert zu werden ist sicher charmanter als von Elton John, der sich auch gern mal junger Kollegen annimmt. Ersterer hat doch unter anderem mit Moondance und Astral Weeks vor langer Zeit Jahrhundertwerke produziert, auch wenn er später ebenso in den seichten Kitsch abgedriftet ist (autsch, das gibt Schläge). In diese Reihe, vielmehr mit den frühen Them, würde ich jetzt mal in spontaner Euphorie das neue, dritte Album von James Hunter stellen.

Mehr Infos

James Hunter - People Gonna Talk, Rounder Records 2006

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